Die Riesen-Rolle, die Liechtenstein grad einnimmt
Also, Leute, der Mittwoch war echt rizz für Liechtenstein, weil wir für sechs Monate den Big Boss im Ministerkomitee des Europarats spielen. Unsere Regierung feiert das wie einen Epic Win. „Wir sind jetzt sozusagen der Kapitän auf dem Frachter ‚Europarat'“, hat Aussenministerin Dominique Hasler letztens im Landtag gedroppt. Und Regierungschef Daniel Risch meinte: „Es ist eine grosse Chance für unser Land, die wir nutzen wollen und nutzen werden.“
Als unser Boss die Sache noch sus fand
Aber vor 20 Jahren hat unser Staatsoberhaupt, Fürst Hans-Adam II., noch ganz anders über den Europarat gesprochen. Im August 2003 hat er gesagt, dass die Mitgliedschaft im Europarat für Liechtenstein eigentlich nix bringt und sogar nur Zeit und Geld kostet. Er meinte, es wäre für uns viel wichtiger, Teil der UNO, der WTO und des EWR zu sein. Der Europarat sei nur noch ein Nebendarsteller seit die EU grösser und tiefer geworden ist.
Die beefige Verfassungsdiskussion
Also, der Grund, warum der Fürst damals so gegen den Europarat gedisst hat, hängt mit der krassen Verfassungsdiskussion zusammen. Es ging da um einen heftigen Streit zwischen Hans-Adam II., Teilen des Landtags und dem Volk um die Neugestaltung der Verfassung. Und der Europarat hatte da eine wichtige Rolle.
Als der Europarat ins Spiel kam
Im September 2002 haben 53 Liechtensteiner den Europarat gebeten, die Verfassungsinitiative des Fürstenhauses zu überprüfen. Der Europarat hat das an die Venedig-Kommission weitergegeben, die für Demokratie- und Verfassungsfragen zuständig ist.
Die cringy Antwort der Venedig-Kommission
Im Dezember hat die Venedig-Kommission dann gesagt, die Verfassungsvorlage des Fürstenhauses wäre „ein ernsthafter Schritt zurück“. Die Initiative könnte dazu führen, dass Liechtenstein in der europäischen Staatengemeinschaft isoliert wird. Das hat unser Fürstenhaus natürlich ziemlich wyld gemacht. Sie haben gesagt, der Bericht wäre „eine unzulässige Einmischung einer internationalen Organisation in den autonomen Gesetzgebungsprozess eines souveränen Mitgliedsstaates des Europarates“.
Der Showdown
Aber trotz der Einschätzung der Venedig-Kommission haben im März 2003 64,3 Prozent der Stimmbürger für die Fürsteninitiative gestimmt. Danach hat der Europarat weiterhin über Liechtenstein diskutiert und überlegt, ob sie ein Monitoring-Verfahren gegen uns einleiten sollten. Hans-Adam II. war da ganz klar: Wenn der Europarat von Liechtenstein verlangen würde, die Verfassungsänderungen rückgängig zu machen, wäre das „die gute Gelegenheit, aus dem Europarat auszusteigen“.
Das Ende vom Lied
Aber soweit ist es letztlich nicht gekommen. Vor fast genau 20 Jahren, am 25. November 2003, haben die Abgeordneten der parlamentarischen Versammlung des Europarats entschieden, dass kein Monitoring-Verfahren eingeleitet wird. Stattdessen wurde ein Dialogverfahren gestartet. Ein Ad-hoc-Komitee sollte mit dem Liechtensteiner Landtag über die Verfassungspraxis sprechen. Aber wie der Historiker Christoph Maria Merki in seiner Geschichte zur liechtensteinischen Aussenpolitik sagte, hat das vom Europarat nicht viel gebracht – ausser „einigen weiteren kritischen Notizen zu den Demokratiedefiziten Liechtensteins“.